Im Rahmen unserer Serie „Der Erfolgsfaktor Mensch“ haben wir mit Nicolas-Fabian Schweizer gesprochen.
Nicolas-Fabian Schweizer ist CEO der SCHWEIZER ELECTRONIC AG. Die SCHWEIZER ELECTRONIC AG, die zu den führenden Herstellern und Systemanbietern von Leiterplatten gehört, wird von Nicolas-Fabian Schweizer in der sechsten Generation der Familie Schweizer geführt. Das Unternehmen, das in Schramberg im Schwarzwald seinen Stammsitz hat und an dem auch Infineon beteiligt ist, hat im letzten Jahr mit dem Aufbau einer neuen Hochtechnologie-Produktionsstätte in Jintan (China) eine weitere Produktionsfläche von insgesamt 90.000 Quadratmetern zur Herstellung von Leistungselektronik- und Embedding-Anwendungen geschaffen.
Herr Schweizer, wie geht es Ihnen und Ihrem Unternehmen in Zeiten der Covid-19-Krise?
Als größter Automobil-Zulieferer von Leiterplatten und Embedding-Lösungen in Deutschland und als drittgrößter Leiterplatten-Hersteller in Europa war bereits 2019 – aufgrund der Transformation der Automobilindustrie – ein herausforderndes Jahr. Das Jahr 2020 war, wie für alle Unternehmen, ein besonders herausforderndes. Dennoch ist es uns gelungen, mit den richtigen Maßnahmen und Schritten, diese Herausforderungen zu meistern. In aller Kürze, uns geht es sehr gut und wir schauen optimistisch in die Zukunft.
Sie haben einen sehr spannenden beruflichen Werdegang. Sagen Sie uns etwas zu Ihren beruflichen Stationen vor Ihrem Eintritt in die Schweizer Electronic AG?
Aufgewachsen bin ich in Schramberg und Südostasien, dann folgte das Studium der Rechtswissenschaften in Deutschland und der Schweiz.
Gründung meines ersten Unternehmens war mit 23 Jahren, einer Fluggesellschaft im Bereich Business Charter. Dann Tätigkeit als Jurist/Rechtsanwalt in Deutschland und New York und anschließend als General Counsel und Director HR eines internationalen Verkehrsflughafens. Und später war ich als Head of Employee Relations eines globalen britischen Konsumgüterherstellers, zunächst für Deutschland und dann für die Region Europa, verantwortlich. Im Jahr 2011 bin ich dann in unser Familienunternehmen eingetreten, war zunächst Vorstand und bin nunmehr CEO.
Wer hat Sie während Ihres Werdegangs geprägt? Gab es Vorbilder oder Mentoren?
Zuallererst mein Vater, als ehemaliger CEO und heute Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens. Als Familienunternehmen war das Unternehmen Kern meines Lebens seit ich denken kann. Er ist sowohl Vorbild als auch heute insbesondere Mentor und Ratgeber. Aber dennoch auch immer ein fordernder Vorgesetzter.
Dann mein juristischer Ziehvater und Freund Dr. Stefan Krauss aus Lahr, der mich während meiner ganzen Karriere begleitet hat.
Außerdem diverse meiner Vorgesetzten während meines Werdegangs. Bei der Wahl meiner Jobs vor Eintritt in die Schweizer Electronic war es mir immer wichtig, für einen Vorgesetzten zu arbeiten, von dem ich so viel wie möglich lernen konnte und der mich förderte. Dies ist gerade in den ‚Lehrjahren‘ einer der wichtigsten Punkte.
Wurden Sie auf die Übernahme der Rolle als CEO vorbereitet? Wenn ja, wie und von wem?
Ich bin nun die sechste Generation im Unternehmen.
Es gilt bei uns in der Familie, dass zunächst eine erfolgreiche Ausbildung und Karriere außerhalb des Unternehmens gemacht werden muss. Dieser gute Grundsatz soll dafür sorgen, dass die Entscheidung, die Verantwortung für das Unternehmen zu übernehmen, eine freie Entscheidung ist.
Zudem sollen durch berufliche Stationen außerhalb des Familienunternehmens frische Gedanken, Ideen und Methoden in das Unternehmen gebracht werden. Und vielleicht ist auch ein Grund, dass die Anfangsfehler nicht zwingend im eigenen Unternehmen gemacht werden sollen.
Ihr Unternehmen wird immer globaler und internationaler. Was sind die Gründe dafür?
Unsere Industrie ist bereits seit 30 Jahren eine globale und internationale. Die gesamte Supply Chain ist global. Schwerpunkt der Leiterplattenproduktion ist Asien. Dort sind wir bereits seit 1982 mit eigenen Produktionsstandorten aktiv.
Diese Internationalisierung unserer Branche wird weiter voranschreiten, die Regionen arbeiten immer enger zusammen.
Wir haben seit 2017 unsere Internationalisierungsstrategie deutlich ausgeweitet und intensiviert. Ziel ist die verstärkte Adressierung der Regionen Asien und Amerika, zum einen als Absatzmärkte, zum anderen die Nutzung des Economy of Scale für unsere Gruppe.
Wachstum und Internationalisierung ist in unserer Branche der Schlüssel für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung.
Sie haben in den letzten Jahren stark in den Ausbau Ihres Werkes in China investiert. Wie ist der Stand?
In 2017 haben wir nach einigen Jahren der Kooperationsstrategie mit asiatischen Partnern und Sublieferanten die Entscheidung getroffen, wieder mit einem eigenen Werk in China aktiv zu sein. Nur so ist es uns möglich, den hohen Technologie- und Qualitätsansprüchen, die wir unseren Kunden bieten, auch von dort aus gerecht zu werden und den dortigen Markt unmittelbar zu adressieren.
Die Grundsteinlegung fand im Sommer 2018 statt, Produktionsstart des 90.000 m² großen Werks in Jintan war im März 2020. Wir befinden uns derzeit in der Anlauf- und Qualifizierungsphase, auch für Automobilprodukte nach IATF16949. Wir kommen hier planmäßig voran und sind sehr zufrieden. Die COVID Krise hatte nur einen sehr geringen Einfluss auf die Projektzeitlinie mit lediglich 6 Wochen.
Dass es durchaus herausfordernd ist ein solches Projekt während der COVID Krise aus Deutschland zu steuern, steht fest. Jedoch haben wir in Asien und China ein großartiges Team.
Bereits 40% Ihrer Belegschaft arbeiten in Asien und in Ihrem neuen Werk in Jintan sind fünf Nationalitäten im Management vertreten. Was fällt Ihnen dazu zu unserem Thema „Erfolgsfaktor Mensch“ ein? Und was bedeutet der „Erfolgsfaktor Mensch“ für Sie als Unternehmer?
Wir haben den großen Vorteil, dass wir bereits seit knapp 40 Jahren in Asien aktiv sind und somit die Kultur, die Policy und die Menschen verstehen.
Die Antwort auf „Erfolgsfaktor Mensch“ fällt mir leicht. Es sind nicht die Maschinen und Prozesse, die ein erfolgreiches Unternehmen ausmachen, es sind die Menschen, das Vertrauen derer zueinander und das Arbeiten mit- und füreinander.
Mein Kollege im Vorstand Marc Bunz, unser General Manager in Asien Alfred Pang und viele andere sind nicht nur langjährige Kollegen, sondern Freunde. Wir kennen, schätzen und respektieren uns. Und wir vertrauen uns blind.
Ihr Vater ist der Aufsichtsratsvorsitzende des Unternehmens, eine spannende und nicht alltägliche Konstellation. Wie gehen Sie beruflich und privat miteinander um?
Eigentlich gibt es keine Trennung zwischen beruflich und privat. Das Unternehmen stand immer im Mittelpunkt unserer Familie, und das ist auch – seit Generationen – gut so. Natürlich ist es besonders, wenn der Vater auch der Vorgesetzte ist, doch es ist auch etwas Schönes. Denn eine solche Beziehung ist im Vergleich zu einer familienfremden Beziehung bedeutend offener und verzeiht auch mal gegenseitig. Bekanntlich ist das eine immer dicker als Wasser.
Wir als Familie haben natürlich den großen Vorteil, die Generationenübergabe bereits 5-mal vollzogen zu haben. Der Vorgesetze meines Vaters war eben sein Vater und so wird es auch bei meinen Kindern sein. Man kennt die Rolle aus beiden Perspektiven.
Wo und wie leben Sie?
Nach 15 Jahren der globalen beruflichen Wanderschaft kehrte ich mit meiner Frau, die übrigens auch Schrambergerin ist, im Jahr 2011 nach Schramberg zurück. Neben dem Familienunternehmen steht meine „kleine“ Familie, sprich meine Frau und meine vier Kinder, im Mittelpunkt. Wir führen hier auf dem Land ein ganz normales Leben. Einfach wunderbar.
Welche Interessen haben Sie außerhalb des Berufs?
Wirtschaftspolitik, Deutsch-Chinesische Beziehungen, Führungsmethodiken, menschliche Interaktionen
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Familie und Segeln. In der Freizeit bekommt man mich leicht aufs und nur schwer vom Wasser.
Auf was achten Sie besonders bei der Besetzung von Schlüsselpositionen in Ihrem Unternehmen?
Das Wertegerüst und die Chemie. Auch wenn ich mich als modern in Stil und Struktur bezeichnen würde, so achte ich stark auf das Vorhandensein der mir wichtigen Werte wie Respekt, Bescheidenheit, Demut und Fleiß. Dies gepaart mit Neugierde und dem Willen, etwas zu bewegen bzw. zu erschaffen, ist genau das, was ich mir wünsche. Und natürlich, bei aller Qualifikation, muss die Chemie stimmen. Erfolgreiche Zusammenarbeit erfordert, dass man Freude hat zusammenzuarbeiten.
Welche Bücher oder Filme haben Sie besonders beeindruckt und inspiriert?
Inspiration bekomme ich aus Büchern jedweder Couleur. Als Führungskraft lernt man am meisten aus den klassischen Büchern wie Sunzi, Machiavelli usw. Wichtig: dort lernt man insbesondere, wie man es NICHT machen darf.
Lesenswert fand ich Principles von Ray Dalio, auch für mein Team.
Welche Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft auf die SCHWEIZER ELECTRONIC AG zukommen und was tun Sie, um dafür gerüstet zu sein?
Die Herausforderungen sind mannigfaltig, aber bedeutend weniger als die Chancen, die unser Unternehmen hat.
So wird sich die globale Wirtschaft weiter verzahnen, allen Unkenrufen der De-Globalisierung und Regulatorik, wie dem Lieferkettengesetz, zum Trotz.
Die Regulatorik, das Schaffen von Barrieren und das politische Trennen, wird jedoch für alle Unternehmer in Europa zu einer weiteren – in meine Augen vermeidbaren – Herausforderung. Ich bin für ein starkes und vor allem selbstbewusstes Europa, jedoch nicht für eine wirtschaftliche Regionalisierung und Abschottung.
Ich wünsche mir mehr Mut zum Unternehmertum und nicht das Provozieren bzw. Motivieren von Unterlassung.
Um den Herausforderungen zu begegnen, internationalisieren wir mit hoher Geschwindigkeit und verfolgen hier nachdrücklich den Grundsatz One Company – One Team. Denn wie gesagt, das Team macht den Unterschied.
Ihr Leitspruch oder Lebensmotto?
Hab keine Angst zu scheitern, hab‘ Angst davor, es nicht versucht zu haben.
Möchten Sie unseren Lesern zum Abschluss noch etwas mit auf den Weg geben?
Neugierde, Mut und Beharrlichkeit ist durch nichts zu ersetzen.
Herr Schweizer, wir danken Ihnen für das Gespräch.