Entgeltmanagement – Ein Blick auch aus unternehmenspsychologischer Sicht
Menschen gehen aus den verschiedensten Gründen einer bezahlten Tätigkeit nach. Für viele der wichtigste: Das Gehalt. Wurde Arbeit in der Vergangenheit gegen Kost und Logis entrichtet, so steht für Arbeitnehmer heute der finanzielle Aspekt zum Unterhalten oder Erreichen eines entsprechenden Lebensstandards im Mittelpunkt. Dabei stellen sich Arbeitnehmer häufig die Frage, ob sie für ihre Leistung adäquat bezahlt werden und ob eine Tätigkeit in Relation zu intern vergleichbaren Positionen steht – eine Voraussetzung für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Zufriedene Arbeitnehmer, die dem Unternehmen treu bleiben, ist eines der Hauptziele eines jeden Unternehmens, denn mit jedem Mitarbeiter, der die Firma verlässt, geht auch wichtiges Know-how verloren. Aus diesem Grund nehmen die Aspekte anforderungs- und marktgerechte Bezahlung auch aus Arbeitgebersicht einen hohen Stellenwert ein.
Unternehmern wird daher empfohlen, die Logik ihrer Entgeltpolitik von Zeit zu Zeit auf den Prüfstand zu stellen und sie im Hinblick
auf ihre Zukunftsfähigkeit zu bewerten. Hierbei sprechen wir von Entgeltmanagement, dem Erstellen eines internen und externen Entgeltvergleichs mit dem Ziel, ein neues Entgeltmodell zu konzipieren und zu implementieren.
Große Firmen verfügen in der Regel über eigene Abteilungen innerhalb des HR, die sich ausschließlich mit Fragen des Entgeltmanagements beschäftigen und notwendige Maßnahmen ergreifen.
Viel zu aufwendig für ein kleines Unternehmen sagen Sie? Am Beispiel eines tarifgebundenen produzierenden Unternehmens mit 400 Mitarbeitern im B2B-Geschäft möchten wir Ihnen darlegen, mit welchem, vergleichsweise geringen Aufwand und mit welchen konkreten Maßnahmen das Entgeltmanagement dort implementiert wurde:
1. Erstellen von Stellenbeschreibungen gemäß dem Genfer Schema
Das Genfer Schema bildet seit 1950 die Grundlage zur Arbeitsbewertung und Anforderungsermittlung und stellt damit die Basis für Tarifverträge und Entgeltbewertungsmodelle dar. Stellenbeschreibungen definieren die Tätigkeiten und Anforderungen, die an den Arbeitnehmer gestellt werden. Im konkreten Beispiel wurden mehr als 130 verschiedene Stellen dokumentiert.
2. Erstellen von Anforderungsprofilen
Hier geht es um die Frage, welche Qualifikationen eine Position aktuell, aber auch in Zukunft erfordert und in welcher Weise die Beschäftigten auf diese Anforderungen qualifiziert werden müssen.
3. Aktive Mitarbeit der Führungskräfte
Die Stellenprofile sollten stets die Meinung der zuständigen Führungskraft widerspiegeln. In unserem Beispiel erfolgte dies durch das Ergänzen, Korrigieren und die abschließende Bestätigung des Profils durch die Führungskraft.
4. Eingruppierung im Entgeltsystem
Die Eingruppierungspraxis sollte überprüft und mit Korrekturhinweisen versehen werden. Auf Basis des Tarifvertrages wird dadurch ein für alle Parteien transparentes System erarbeitet. In unserem Beispiel wurde die Stellenbewertung in einem summarischen System durchgeführt.
5. Durchführen von Entgeltvergleichen
Das Tarifniveau der großen deutschen Industriezweige (Chemie, Metall- und Elektroindustrie) beeinflusst das Bewerberverhalten entscheidend. Aus diesem Grund wurden im Beispiel die Tarifsysteme dieser Branchen als externe Benchmarks herangezogen.
6. Zusammenarbeit der Tarifvertragsparteien mit dem Betriebsrat
Obgleich der Betriebsrat gemäß Tarifvertrags- und Betriebsverfassungsgesetz kein direkter Verhandlungspartner ist, erarbeiteten die Parteien gemeinsam ein für die Beschäftigten verbessertes System.
Das Projekt Entgeltmanagement wurde bei einem Aufwand von 25 Tagen innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten realisiert. Zukunftsorientierung und Transparenz der Bezahlungspraxis – ein überschaubarer Aufwand mit großer Wirkung.
Zur Person
Helmut Ruckriegel ist seit mehr als zehn Jahren als Personalberater, davon knapp drei Jahre bei KNAISCH CONSULTING, tätig. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Interimsmanagement sowie Vergütungsmanagement. Zuvor war er elf Jahre Personalleiter bei verschiedenen international operierenden Unternehmen wie Lafarge, Federal-Mogul, ThyssenKrupp und Johnson Controls.