Druckfrisch ist im Juni 2020 der neue Bericht der Allbright Stiftung erschienen. Er zeigt, dass die großen deutschen Familienunternehmen in Sachen Führungsverständnis und Diversität noch im letzten Jahrhundert feststecken – 2020 sind in diesen Unternehmen nicht einmal 7 Prozent der Mitglieder in den Geschäftsführungen Frauen.
Die deutsch-schwedische Allbright-Stiftung ist eine politisch unabhängige und gemeinnützige Stiftung. Sie setzt sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft ein. Ihre Ziele sind gleiche Karrierechancen für Männer und Frauen sowie bessere Unternehmensresultate durch gemischte, moderne Führungsteams.
Für die Studie wurden die Geschäftsführungs- und Kontrollgremien der 100 umsatzstärksten deutschen Familienunternehmen analysiert:
„Aldi, Bertelsmann, Bosch, Burda, Otto, Oetker, Haniel, Axel Springer – die großen deutschen Familienunternehmen prägen als Ikonen des Unternehmertums die deutsche Wirtschaft; mehr als die Hälfte der 100 größten deutschen Familienunternehmen besteht seit mehr als einem Jahrhundert. Ihr Führungsverständnis erscheint allerdings meist ebenso alt wie die Unternehmen selbst: Am 1. März 2020 sind weniger als 7 Prozent der Mitglieder in den Geschäftsführungen Frauen.
Die Familienunternehmen haben bei der Modernisierung ihrer Führungsstrukturen den Fuß auf der Bremse: In den Geschäftsführungen der 100 umsatzstärksten deutschen Familienunternehmen arbeiten nur 6,9 Prozent Frauen und damit noch einmal deutlich weniger als bei den 160 an der Frankfurter Börse notierten Unternehmen, wo er inzwischen bei immerhin 10 Prozent liegt (30 DAX-Unternehmen: 15 Prozent). Weniger als ein Drittel (29 Prozent) hat überhaupt eine Frau in der Geschäftsführung, bei einem einzigen Unternehmen gibt es zwei Frauen in der Geschäftsführung.
Je höher die Transparenz des Unternehmens und der Einfluss familienfremder Akteure, desto höher ist auch der Frauenanteil in der Geschäftsführung: 20 der 100 größten Familienunternehmen sind auch an der Börse notiert und die Familie hält einen signifikanten Teil der Aktien (z. B. BMW, Continental, Henkel, Merck oder Volkswagen). Der Frauenanteil in diesen Unternehmen ist mit 10,3 Prozent höher als beim Durchschnitt der Familienunternehmen. Unternehmen, die zu 100 Prozent in Familienbesitz sind, schneiden am schlechtesten ab: Hier liegt der Frauenanteil in den Geschäftsführungen bei nur 4,8 Prozent.
„Familienunternehmen in zweiter, vierter oder sechster Generation sind Anpassungskünstler, sie haben Jahrzehnte überlebt, weil sie immer rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und genutzt haben. Das ist eine große Stärke“, kommentieren Dr. Wiebke Ankersen und Christian Berg, die Geschäftsführer der AllBright Stiftung. „Beim Frauenanteil in der Unternehmensführung haben sie aber noch einen „Blind Spot“, den sie jetzt dringend angehen sollten: Gerade in der aktuellen Krise und der Zeit danach könnten sie von den betriebswirtschaftlichen Vorteilen einer robusten, gemischten Führung profitieren und zugleich ihrem Anspruch gesellschaftlicher Verantwortung besser gerecht werden. Durch ihre machtvolle Position ist es für die Familien ein Leichtes, ihre Unternehmen hier schnell als Vorbilder an die Spitze zu bringen – sie müssen nur die strategischen Vorteile erkennen.“
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