„Ich wünsche mir wieder mehr ehrenwerte Kaufleute.“
Im Rahmen unserer Serie „Wie wird man Beirat/Aufsichtsrat?“, haben wir dieses Mal mit Diplom-Kaufmann Dr. Jochen Wolf gesprochen. Seit 2002 ist er Geschäftsführer der BWK GmbH Unternehmensbeteiligungsgesellschaft in Stuttgart. Diese engagiert sich vorwiegend mit Beteiligungen an etablierten mittelständischen Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Jochen Wolf ist in seiner Aufgabe als Sprecher der Geschäftsführung der BWK dann auch Vertreter des Gesellschafters und Beirat in diesen Unternehmen.
Doch wie kam er dazu? Der damalige Finanz- und Personalvorstand erhielt das Angebot telefonisch durch den Anruf eines Personalberaters. Herausfordernd habe er es empfunden, Geschäftsführer der BWK zu werden und beschlossen, die Aufgabe erst einmal für ein paar Jahre wahrzunehmen. „Daraus sind mittlerweile mehr als 16 geworden.“, lacht er. Besonders schätze er die Vielfalt, die er als Beirat in Unternehmen ganz unterschiedlicher Branchen kennenlerne. Aufgrund seiner breiten Erfahrung, auch im operativen Geschäft produzierender Unternehmen, habe er eine hervorragende Weitsicht gewinnen können. Dadurch könne er die Herausforderungen und Probleme der jeweiligen Unternehmen besser nachvollziehen. Und wenn man neben diesem breiten Wissen nicht auf eine Branche fokussiert sei, könne man Geschäftsmodelle oft auch über die Industrien hinweg übertragen. „Was in der Pharmabranche funktioniert, kann durchaus auch im Bereich Automotive zum Erfolg führen.“
Welche Eigenschaften sind das genau, die Jochen Wolf in seiner Arbeit voranbringen? „Eine große Portion Pragmatismus, Begeisterung und Psychologie“, führt er aus. „Und im Besonderen das Verständnis dafür, wie Familienunternehmen und deren Gesellschafter denken und agieren.“, ergänzt er.
Auf die Frage, ob die Doppelrolle aus Gesellschafter und Beirat auch Konflikte mit sich bringe, stellt er klar: „Als Beirat muss ich zuerst einmal die Unternehmensinteressen vertreten.“ Meist führe dies bereits zu sehr einvernehmlichen und klaren Lösungen. Bei Uneinigkeit im Beirat müsse er auch einmal seinen Gesellschafterhut aufsetzen und abwägen, welche Entscheidung im konkreten Fall beispielsweise für das Wohl und das Wachstum des Unternehmens sowie für die Erhaltung von Arbeitsplätzen getroffen werden müsse.
„Wir sind gerade auf einem sehr hohen konjunkturellen Niveau.“, gibt er im Hinblick auf die Entwicklung der Wirtschaft in der Zukunft zu bedenken. Wie lange dies anhalte, könne man nicht vorhersagen. Er sei jedoch zuversichtlich, dass ein möglicher Abschwung die Unternehmen nicht so abrupt treffe wie im Jahr 2008/2009, weil man aus der Vergangenheit gelernt habe und heute „auf Sicht“ fahre.
Ein Wandel in der Beteiligungsbranche habe sich in den letzten Jahren ergeben. Während bis zur Jahrtausendwende Unternehmensbeteiligungen häufig über reine Netzwerkkontakte einem kleinen Kreis potenzieller Investoren bekannt waren, habe sich dies heute stark verändert. Unternehmensbeteiligungen werden über – auf Mergers- und Acquisitions-Transaktionen – spezialisierte Finanzberater einem breiten Investorenkreis zum Kauf vorgestellt. Dieser Investorenkreis hat sich in den letzten Jahren durch den Markteintritt von zahlreichen Family Offices deutlich vergrößert, da der Run auf Sachwerte – was Unternehmen bekanntermaßen sind – durch die Niedrigzinspolitik der EZB ungebrochen sei. Dies bedeute zugleich eine stärkere Konkurrenz für die BWK.
Deutliche Worte findet Wolf für das Geschäftsgebaren einiger Manager. Hier seien in der Vergangenheit im Einzelfall unmäßige Entscheidungen getroffen worden, worauf der Gesetzgeber habe einschreiten müssen. Dies allerdings häufig mit überzogenen und teils abstrusen Regelungen, deren Umsetzung im operativen Tagesgeschäft erhebliche Kapazitäten binde. Als Beispiel dafür nennt er die neue Datenschutzgrundverordnung. „Das Pendel schlägt eben immer zurück.“, bringt er den Bumerangeffekt auf den Punkt. Erschreckend finde er diese Regelungswut. Doch wie kann man dem Streben, alles gesetzlich festlegen zu wollen, entgegenwirken? Der Experte formuliert ein ganz persönliches Anliegen: „Ich wünsche mir den ordentlichen, ehrenwerten Kaufmann zurück.“ Kaufleute, die mit einem gesunden Menschenverstand und Verlässlichkeit ihre Geschäfte führen. Handle man gemäß diesem Wertekanon, könne man vielfach darauf verzichten, alles in Gesetzesform gießen zu müssen.
Dass Jochen Wolf selbst seine Entscheidungen mit Empathie und Kompetenz in dieser Diktion trifft, beweist eines der schönsten Komplimente, das er in seiner beruflichen Laufbahn bislang erhalten hat. „Mensch Wolf, auf Ihr Wort kann man sich immer verlassen!“