Wir freuen uns, in unserer neuen Ausgabe der Serie ERFOLGSGESCHICHTEN Herrn Professor Dr. Maximilian Werkmüller zum Interview zu begrüßen.
Herr Professor Werkmüller, wie würden Sie sich selbst beschreiben?
52, verheiratet, drei Kinder, evangelisch und eher konservativ (lacht). Familienmensch! Ich habe hohe Maßstäbe an mich selbst – eine gesunde Portion Perfektionismus, aber nicht in übertriebener Form. Ich versuche alle Aufgaben – ob beruflich oder privat – entsprechend meinen selbst gesetzten Maßstäben zu erfüllen. Das ist manchmal nicht ganz einfach (lacht).
Würde die Beschreibung genauso ausfallen, wenn Sie sich als Family Office Manager vorstellen müssten?
Ein Hang zu hoher Eigenverantwortung und ein fester moralischer Kompass sind – neben dem Fachwissen – sicher Grundvoraussetzungen, um als Family Office Manager erfolgreich sein zu können. Anders als bei der eigenen Familie gehört aber auch eine gewisse professionelle Distanz dazu: Der Family Office Manager ist nicht Teil der Familie, sondern ihr Angestellter. Gerade wenn man es mit verschiedenen Familienstämmen zu tun hat, ist eine unabhängige Objektivität erfolgskritisch. Denn die Interessen innerhalb einer Familie können sehr unterschiedlich sein.
Sind Sie der geborene Family Office Manager?
Dazu wird man nicht geboren, das entwickelt sich über die Zeit. Man erarbeitet sich das Vertrauen der Familie, das ist die Basis für die Arbeit als Family Office Manager. Wenn die Chemie nicht stimmt – und da braucht man eine Antenne für – fehlt die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Diese Antenne habe ich glücklicherweise.
Sie haben ein Standardwerk zum Thema herausgegeben und den bundesweit ersten Lehrstuhl für Family Office Management. Was genau macht ein Family Office?
Family Offices verwalten das private Großvermögen von Eigentümerfamilien. Das hat nichts mit dem Management des Familienunternehmens zu tun: Dafür gibt es die unternehmerischen Strukturen, den CEO, das Management Team. Das Family Office kümmert sich um den Gesamtkomplex des Familienvermögens: vom selbst genutzten Haus über die Ferienwohnungen im Ausland, das Unternehmen und vielleicht noch andere wirtschaftliche Aktivitäten.
Ziel ist es, das Familienvermögen so anzulegen, dass es auch bei schwerer See nicht in „Seenot“ gerät. Neben Vermögensplanung und Finanzanlagen zählen daher auch Themen wie Unternehmensnachfolge oder die Planung des Erbfalls zu den Kerndienstleistungen eines Family Office Managers. Er oder sie kümmert sich aber auch um klassische Sekretariats-Dienstleistungen, wie Buchführung, Büroorganisation, Reiseplanung, Sicherheitsmanagement, Controlling u. ä. der Eigentümerfamilie. Wir nennen das Convenience Services.
Gibt es bei dieser Aufgabenvielfalt unterschiedliche Typen von Family Offices?
Generell unterscheidet man zwei Typen von Family Offices: Multi Family Offices (MFO), die sind offen für einen größeren Kundenkreis. Und die so genannten Single Family Offices (SFO), die nur für eine Familie arbeiten. Das ist eine finanzielle Frage. Als Faustregel gilt: Ein SFO rechnet sich in der Regel erst ab einem größeren Vermögen von ca. 300 Millionen EUR. Dann sind Verwaltungsgebühren einer externen Vermögensverwaltung spürbar höher als die Personalkosten für ein eigenes Family Office. MFO arbeiten für mehrere Familien und verwalten in der Regel kleinere Vermögen. Im Durchschnitt betreuen sie 10 – 15 Kunden mit einem Portfolio schon ab 30 Millionen EUR. Genaue Zahlen gibt es hier natürlich nicht.
Welche Unterschiede gibt es zum klassischen Vermögensverwalter?
Die klassische Vermögensverwaltung betrifft meist nur das liquide Vermögen. Es geht um Anlagen und Anlagestrategien oder die Auswahl geeigneter Finanzprodukte. Die Aufgaben des Family Office Managers sind wesentlich breiter gefächert.
Anders als bei einem externen Vermögensverwalter, etwa einer Bank, steht das Family Office unter alleiniger Kontrolle der Anlegerfamilie. Family Office Manager sind also Angestellte des Anlegers. Der Hauptvorteil ist die Kontrolle der Familie über das eigene Vermögen und die eigenen Investitionen.
Man hat den Eindruck, Family Offices sind ein regelrechtes Trendthema. Ist dem so?
Ja. Die Bankenkrise in den Jahren 2008 und 2009 hat viel Vertrauen auf Kundenseite gekostet. Ich war damals selbst noch bei einer großen internationalen Bank tätig und habe mitbekommen, dass Top-Kunden der Bank gesagt haben, das machen wir nicht länger mit, wir schaffen uns eine eigene Struktur, wir stellen eigene Leute ein, wir machen die Vermögensverwaltung selbst. Entsprechend hoch ist heute die Nachfrage nach qualifizierten Family Office Managern.
Der “Distrust against Banks” wirkt bis heute nach und hat zur gegenwärtigen Popularität des Family Office Konzepts beigetragen. Die Idee selbst ist viel älter: Erste Family Offices gab es schon im 19. Jahrhundert in den USA. Bekannt sind dafür Namen wie Morgan oder Rockefeller.
Wobei, man muss auch sagen, das klassische Family Office gibt es natürlich nicht: Family Offices sind so vielfältig wie die Eigentümerfamilien. Und die haben oft sehr unterschiedliche Anforderungen an ihr Family Office. Aber gerade das macht das Berufsfeld ja so spannend.
Sie bieten an der Allensbach Hochschule den ersten Studiengang für Family Office Manager an. Was genau lernt man da?
Wir bieten den Schwerpunkt Family Office Management als Vertiefungsrichtung im Rahmen unseres Masterstudiengangs Finance an. D.h. in den ersten beiden Semestern lernen die Studierenden finanzwissenschaftliche Grundlagen wie Internationale Finanzmärkte, Corporate Finance, Bonitätsbeurteilung und Rating, Risiko- und Portfoliomanagement, Corporate Governance und Compliance – also das Handwerkszeug. In Semester 3 und 4 spezialisieren sich die Studierenden in dem Schwerpunkt, in dem sie auch ihre Masterarbeit schreiben.
Im Studienschwerpunkt „Family Office Management“ beschäftigen wir uns dann mit Geschäftsmodellen, Kerndienstleistungen und Rechtsformen von Family Offices, Asset Allocation und Controlling. Weitere Themen sind die rechtliche und steuerliche Strukturierung des Familienvermögens, die Planung der Vermögensnachfolge sowie die wichtigsten steuerlichen Aspekte von Erb- und Gesellschaftsrecht. Dazu kommen „Asset Protection“ und „Mergers & Acquisitions“. Zu den eher weicheren Themen zählen „Family Governance“ und „Life Consulting“.
Sie merken, es ist ein sehr breit gefächerter Themenkanon. Ein Family Officer ist eigentlich ein guter Generalist, der einen fachlichen Schwerpunkt hat. Für andere Themengebiete holt man sich dann weitere Spezialisten an Bord. Ein gutes Netzwerk ist dabei unerlässlich. Das kann ich allerdings niemandem beibringen (lacht). Unsere Master-Studenten sind aber häufig studierte Betriebswirte und bringen entsprechende Vorkenntnisse und oft auch Berufserfahrung und Kontakte mit ein.
Sind nachhaltiges und ethisches Investment auch Teil der Ausbildung zum Family Office Manager?
Das läuft unter der Überschrift „philanthropisches Engagement“: Wie berate ich eine Familie bei Charity Projekten? Wann ist eine Stiftung sinnvoll? Wann gründet man eine gemeinnützige GmbH? Solche Fragen sind immer eng mit der Family Governance verbunden. Wenn eine Familie nachhaltig nach außen tätig werden möchte, muss sie auch die Gremien entsprechend besetzen. Das heißt, wir brauchen dann Menschen, die sich im Stiftungsvorstand engagieren und für das familiäre Projekt die Fackel tragen.
Das sind hochinteressante Themen, die wir unseren Studierenden vermitteln. Die meisten vermögenden Familien denken schon immer in Kategorien wie Nachhaltigkeit oder Gemeinnützigkeit. Eine der Aufgaben des Family Officers ist es, dieses Engagement zu bündeln und für geeignete Strukturen zu sorgen. Den Rest lernt man beim “Training on the Job”.
Welche Soft Skills sollte ein guter Family Office Manager mitbringen?
Empathie! Man muss vor allem gut zuhören können. Das ist eine Hauptfunktion: Zuhören und die Stelle zu finden, wo man den Hebel ansetzen kann, um der Familie zu helfen.
Außerdem braucht man ein belastbares ethisches Wertegerüst. Das ist auch charakterlich begründet. Wer diesen moralischen Kompass nicht hat und eine notorische „Rampensau“ ist, der taugt vermutlich eher nicht als Family Officer. In dieser Position muss man sich selbst zurücknehmen können. Auch Resilienz ist wichtig: Wer als Family Officer tätig ist, darf sich durch Entscheidungen der Familie nicht verunsichern lassen.
Wie sieht der ideale Kandidat für den Studiengang Finance und Family Office Management aus?
Idealerweise verfügt er über die o.g. Softskills, die kann man sich nicht einfach antrainieren. Ansonsten müssen Studierende eine gesunde Portion Neugier mitbringen und bereit sein, sich deutlich über die Kerndisziplin hinaus mit fachlichen Themen zu befassen. Nur so bekommt man den Blick für das große Ganze. Motivation ist also wichtig, um viel Stoff aufzunehmen. Zum Schluss hat man dann aber ein wirklich breit gefächertes Wissen, das jeder Familie hilft.
Viele unserer Studierenden sind Post-Graduierte, die entweder noch eine Spezialisierung draufsatteln wollen oder noch einmal in eine ganz neue Richtung gehen wollen. Das macht viel Spaß, weil diese Studierenden sehr motiviert sind. Und sie sind gut organisiert, was wichtig ist, da wir ja eine Fernhochschule sind, wo die Vorlesungen und die Kommunikation nicht vor Ort, sondern online erfolgen.
Wer die Mühe eines Master-Studiums scheut, kann bei uns auch ein Zertifikatsstudium zum geprüften Vermögensmanager absolvieren. Da ist auch sehr viel Family Office Management und Portfoliomanagement dabei – eine ideale berufliche Weiterbildung.
Wie geht es nach dem Studium weiter? Wie werde ich Family Office Manager?
Na ja, der direkte Sprung in die Chefetage eines SFO wird nicht von der Hochschule aus gelingen. Da braucht man Berufserfahrung und eine gewisse Seniorität. Aber gerade MFO brauchen in den Fachabteilungen Spezialisten für Immobilien oder bestimmte Asset Klassen. Da kann man recht schnell reinkommen, eben mit der speziellen Expertise, die man im Studium erworben hat. Wie erwähnt, die Nachfrage nach Family Office Managern steigt!
Familienunternehmen haben zwar eine andere DNA als eine AG, aber auch da bestehen Aufstiegsmöglichkeiten. Vielleicht leitet man irgendwann das Office.
Man spürt Ihre Begeisterung für den Beruf des Family Office Managers. Ist es Ihre Berufung?
Berufung ist nah dran (lacht). Mich fasziniert die thematische Vielfalt eines solchen Mandats, wie Vermögensverwaltung, Vermögensstrukturierung, Arbeitsverträge, Testamente, familieneigene Stiftungen. Mich fasziniert aber auch, dass man auf alle innerhalb der Familie draufschaut: vom Patriarchen über die Kinder bis zur übernächsten Generation. Alles dreht sich um die Menschen, ihre persönlichen Belange, ihr Vermögen. Das ist oft arbeitsintensiv und manchmal braucht es starke Nerven. Aber die Belohnung kommt in Form des entgegengebrachten Vertrauens. Man ist dann nicht nur für Vermögen und Erträge da, man ist auch der vertrauensvolle Ratgeber, den man sucht, wenn man beispielsweise nicht mit den eigenen Eltern sprechen möchte. Das ist dann wie ein Ritterschlag.
Aber, man sitzt auch häufig zwischen den Stühlen bzw. den unterschiedlichen Interessen der Familienstämme. Deswegen mein Tipp: Nie zu lange auf einem Stuhl sitzen, denn sonst geht die Kritikfähigkeit ein Stück weit verloren.
Sie haben vier Jahre lang das SFO einer bekannten Textilunternehmerfamilie geleitet. Seit einigen Jahren sind Sie wieder als Rechtsanwalt in einer Kanzlei tätig. Was macht Ihnen mehr Spaß?
Das sind sehr verschiedene Jobs. Diese vier Jahre waren eine unglaublich lehrreiche Zeit, die viel Freude gemacht hat. Ich habe dann für mich festgestellt, dass ich gerne wieder für mehrere Mandanten arbeiten möchte und am liebsten in meiner Kerndisziplin als Rechtsanwalt. Insofern bin ich mit dem, was ich heute mache, sehr zufrieden.
Was treibt sie an, so viel Zeit und Herzblut in die Karriere zu investieren?
Es sind die Menschen, für die ich arbeiten darf bzw. für die ich arbeiten durfte. Die persönlichen Beziehungen stehen bei mir sehr stark im Mittelpunkt allen Handelns. Ich möchte ein Vertrauter sein, der hilft, Probleme zu lösen. Wenn mir dieses Vertrauen entgegengebracht wird, dann sage ich selten nein. Eine meiner Schwächen. Deswegen ist die Freizeit auch manchmal knapp, aber das muss ich eben zu Hause irgendwie auspendeln (lacht).
Wie schaffen Sie es trotzdem, sich Freiräume zu schaffen und nach einem langen Arbeitstag abzuschalten?
Auf unserer Terrasse steht ein Deck Chair, da kann ich entspannt in den Garten schauen – vielleicht mit einem Glas Rotwein und einem guten Buch. Natürlich bleibt einem als Familienvater dafür nicht oft Zeit. Aber Familienzeit ist für mich Quality-Time: Meine Familie trägt massiv dazu bei, dass ich mich entspannen kann. Auch wenn dann weniger Zeit für mich selbst bleibt.
Da hat auch die Pandemie ein wenig geholfen: Mein Arbeitsrhythmus heute ist vormittags in der Kanzlei, nachmittags im Homeoffice. Da kriegt man deutlich mehr mit von der Familie und ich bin immer wieder überrascht, was hier alles läuft (lacht).
Sie haben beruflich viel erreicht. Was für Ziele haben Sie noch?
Jedenfalls nicht wilde Bären jagen oder hohe Gipfel erklimmen (lacht). Ich habe ja keine gradlinige Anwalts-Karriere hingelegt, sondern hatte ein sehr abwechslungsreiches Berufsleben. Im Nachhinein bin ich dafür dankbar, dass ich so viele verschiedene, herausfordernde Sachen machen durfte. Ich brauche mich und mir nichts mehr zu beweisen. Mit der Erfahrung wird man eben ruhiger und ist nicht mehr so auf der Jagd.
Eher sind es private Ziele, die mich umtreiben: dass aus den Kindern anständige Menschen werden, dass sie ihre Schule gut abschließen. Dass meine Frau eine glückliche Ehe hat. Auch daran muss man arbeiten. Gerade wenn man beruflich viel unterwegs ist, bleibt viel am Partner hängen. Das wird oft nicht gesehen. Ich weiß und schätze sehr, wie toll meine Frau mir immer den Rücken gestärkt hat.
Welcher Urlaubstyp sind Sie: Berge oder Meer?
Im Sommer ans Meer und im Winter in die Berge – ganz klassisch. Das wird uns auch nicht langweilig. Wohin wir in den Urlaub fahren, wird in der Familie demokratisch entschieden, da habe ich nur eine Stimme. Meine Frau und ich würden gerne etwas mehr Kultur und Sightseeing im Urlaub machen, aber unsere drei Jungs können sich in dem Alter noch nicht für gotische Kirchen begeistern (lacht).
Herr Professor Werkmüller, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Vita:
Prof. Dr. Maximilian Werkmüller, LLM ist studierter Rechtsanwalt und promovierte über ein bankrechtliches Thema. Er ist Herausgeber des Standardwerks „Family Office Management: Finanzdienstleistung und ganzheitliche Beratung im Generationenverbund“. Er arbeitete viele Jahre bei der internationalen Geschäftsbank HSBC Trinkaus & Burkhardt und baute dort eine Family Office Serviceplattform auf. Später leitete er das deutsche Family Office der Familie Brenninkmeyer. Nach Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft betreut er heute bei der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei Legal Tax Solutions mittelständische Familienunternehmen und -unternehmer in allen Fragen des „Private Finance.“ Er ist ferner Of Counsel der Kanzlei LindemannLaw in Zürich. Von dort aus betreut er seine internationalen Mandate.
Die Allensbach Hochschule ist eine staatlich anerkannte Privathochschule mit Sitz in Konstanz am Bodensee. Sie bietet verschiedene berufsbegleitende Fernstudiengänge und Weiterbildungen in den Bereichen Wirtschaft, Management und Wirtschaftspädagogik an.
Der viersemestrige Fernstudiengang Finance – Master of Arts qualifiziert im Studienschwerpunkt Family Office Management für eine Tätigkeit in SFO oder MFO, insbesondere in der ganzheitlichen Betreuung vermögender Privatkunden und Familien.